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Architektur und Schule

Brandenburger Architekt(inn)en bieten Unterstützung an

Brandenburgische Architektenkammer

Die Stadtentdecker studierten Potsdamer Bauten und deren Architekten

Sophie erkundete Gottfried Böhms Theaterbau in der Schiffbauergasse, Fabian und Karl analysierten das hinter Hecken verborgene Haus Mattern von Hans Scharoun, während Paula und Daniela auf den Spuren Egon Eiermanns wandelten. Der wurde nicht nur in Babelsberg geboren, sondern hinterließ dort auch ein fein detailliertes Einfamilienhaus.

kleine Gruppe

Wie die Elftklässler des Evangelischen Gymnasiums Hermannswerder in Potsdam Bauten namhafter Architekten von der frühen Moderne bis zur Gegenwart unter die Lupe nahmen, das waren „Die Stadtentdecker“ mal anders. Der Architekt Peter Neideck und die Kunstlehrerin Alexandra Schraepler begleiten den Seminarkurs Architektur am Evangelischen Gymnasium, dessen erste Etappe im Januar mit einer Präsentation abschloss.

Seminarkurse sollen Schülerinnen und Schülern der gymnasialen Oberstufe bei der Studien- und Berufsorientierung helfen und sie an das praxisnahe und wissenschaftliche Arbeiten heranführen. In Hermannswerder betrachteten die Jugendlichen, ausgehend von den für Potsdam geschaffenen Gebäuden, das Gesamtwerk des jeweiligen Architekten und lernten daraus, wie vielfältig Architektur sein kann. Ihre Erkenntnisse sollten die Schülerinnen und Schüler schließlich auf großformatigen Plakaten zusammenfassen.

Im Wechsel mit den Schulstunden für Recherche und Analyse ging es immer wieder hinaus in die Stadt, um Architektur in der eigenen Anschauung zu erleben. Die Ausstellung zum Brandenburgischen Baukulturpreis 2015, die in der Husarenvilla der Bundesstiftung Baukultur zu sehen war, bot nicht nur einen aktuellen Überblick guter Bauten, sondern zeigte auch beispielhaft, was bei der Architekturdarstellung im Plakatformat zu beachten ist. Beim Sanierungsträger Potsdam sahen die Jugendlichen Modelle der historischen Stadt und konnten anhand des Holländischen Viertels den langen Weg einer Quartierssanierung nachvollziehen. In seinem eigenen Haus, einer Remise in Babelsberg, demonstrierte Peter Neideck den Schülerinnen und Schülern mittels Fotos und Plänen die Metamorphose einer heruntergekommenen Werkstatt zum großzügigen Wohngebäude. Ein Baustellenbesuch führte die Gruppe in das Restaurierungszentrum der Schlösserstiftung, das derzeit von Staab Architekten unmittelbar am Park Sanssouci errichtet wird. Projektleiterin Birgit Hübner und Bauherrenvertreter Demir Arslantepe erläuterten in einem Vortrag, wie sie das Projekt aus den Bedingungen des Ortes entwickelten und führten anschließend durch die Gebäude, in denen die Ausbauarbeiten interessante Einblicke hinter die Oberflächen ermöglichten.

Nicht jeder der sieben untersuchten Bauten war für die Schülerinnen und Schüler zugänglich. Teilweise mussten Ihnen Zeichnungen und Fotos genügen, um sich ein Bild vom Inneren zu machen. Material trugen die Jugendlichen genug zusammen. Schwieriger war es, auszuwählen und das Gesammelte zu bewerten. Wie beschreibt man ein Gebäude, so dass es für den Leser auch ohne Abbildung anschaulich wird? Um die Texte gab es einigen Gesprächsbedarf. Auch über die Plakatgestaltung wurde intensiv diskutiert, mit der Erkenntnis, dass ein Layout den dargestellten Inhalt wesentlich befördern kann.

Die Plakate wurden am 20. Januar 2016 in der Geschäftsstelle der Brandenburgischen Architektenkammer ausgestellt und von den Schülerinnen und Schülern vor vollem Saal präsentiert. Mit ihren Vorträgen überzeugten sie als Spezialisten für die ausgewählten Bauten und deren Architekten. Sophie schilderte ihre Eindrücke vom Hans-Otto-Theater, an dem sie die von Gottfried Böhm inszenierte Wegeführung von der Eingangshalle über das Foyer mit Seeblick bis in den Saal begeistert. Amelie und Charlotte kritisierten die problematische Nutzung der Biosphäre. Und Fridtjof und Paul beeindruckte, wie BHBVT Architekten den Neubau des Astrophysikalischen Instituts mit einer zeitgenössischer Fassade in den sensiblen Kontext am Park Babelsberg einfügten.

Beim anschließenden Stadtentdecker-Gespräch, bei dem der Denkmalschützer Jörg Limberg und der Architekt Philipp Jamme mit den Schülerinnen und Schülern in der Runde saßen, wurde nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Prozess des Seminarkurses reflektiert. Bemerkt hätte er das Regattahaus schon vorher, meinte Robert. Doch mit dem Wissen über dessen Geschichte und den Architekten dahinter nähme er es jetzt ganz anders wahr. Dem stimmten die Anderen zu. Auch über den Höhepunkt des Kurses waren sich die Jugendlichen einig: der Baustellenbesuch bei der Schlösserstiftung. Was sie sich für die Fortsetzung des Seminarkurses wünschten, war die letzte Frage von Moderatorin Mascha Kleinschmidt-Bräutigam. "Selbst etwas entwerfen" kam zur Antwort. Genau das wird Inhalt der jetzt folgenden Etappe sein.

Peter Neideck, projektbegleitender Architekt

Beitrag in: Deutsches Architektenblatt 03/2016