Die Stadtentdecker der Klassen 4b und 5b der Erich-Kästner Grundschule waren unterwegs in Cottbus
Die Klasse 5b der Erich-Kästner-Grundschule ist landesweit die erste Klasse, die das Projekt „Stadtentdecker“ als durchgängiges Schulprojekt in drei aufeinanderfolgenden Jahren betreibt. In den drei Jahren ab der vierten Klasse werden unterschiedliche Themenschwerpunkte behandelt. Im vierten Schuljahr lernen die Schüler die mittelalterliche Stadt kennen. Im fünften Schuljahr liegt der Schwerpunkt in der Analyse. Im sechsten Schuljahr sollen die Schüler im Diskurs eine konstruktive Auseinandersetzung mit den zuvor festgestellten Schwächen der Stadt erleben.
Die Klasse 5b der Erich-Kästner-Grundschule in Cottbus
Die Klasse 5b der Erich-Kästner-Grundschule ist landesweit die erste Klasse, die das Projekt „Stadtentdecker“ als durchgängiges Schulprojekt in drei aufeinanderfolgenden Jahren betreibt. In den drei Jahren ab der vierten Klasse werden unterschiedliche Themenschwerpunkte behandelt. Im vierten Schuljahr lernen die Schüler die mittelalterliche Stadt kennen. Im fünften Schuljahr liegt der Schwerpunkt in der Analyse. Im sechsten Schuljahr sollen die Schüler im Diskurs eine konstruktive Auseinandersetzung mit den zuvor festgestellten Schwächen der Stadt erleben.
In diesem Jahr starteten die Stadtentdecker am 26. Februar zu einem Stadtspaziergang durch die Cottbuser Altstadt in Begleitung der Lehrerin Martina Theunert und der Architekten Fred Wanta und Christian Keller. Jedes Kind hatte zu diesem Spaziergang einen Stadtplan dabei, auf dem mit blauen Punkten sog. „Wohlfühlorte“ markiert werden konnten. Rote Punkte sollten hingegen die „Un-Orte“ kennzeichnen. Die so entstandenen, individuellen „Wohlfühl-Karten“ wurden eingesammelt und durch die Architekten in einer Gesamtkarte überlagert. Anhand dieser Karte wurde deutlich, dass die Wahrnehmung der Kinder sehr differenziert und - abgesehen von der ausnahmslos positiv bewerteten Eisdiele - nicht immer einheitlich ist. Diese unterschiedlichen Wahrnehmungen wurden zwischen den Kindern in fünf Gruppen unter Begleitung der Lehrerinnen und Architekten diskutiert, Gründe der Ablehnung oder Zustimmung hinterfragt und die eigene Meinung zum jeweiligen Ort entweder revidiert oder zu einer Position gefestigt.
Diese Positionen wurden auf unterschiedlichste Weise illustriert und in der Präsentation am 27. Juni vor Vertretern der Stadt sowie der Staatssekretärin des MIL, Frau Jesse, vorgetragen. Aus fachlicher Sicht erstaunten uns begleitende Architekten die „feinen Antennen“, mit denen die Stadtentdecker insbesondere Situationen aufgedeckt haben, in denen die Nutzung des öffentlichen Raums augenscheinlich nicht ausreichend oder zumindest nicht im Sinne einer kinderfreundlichen Stadt definiert ist. Im Interesse einer nachhaltigen Stadtentwicklung lohnt es sich, die von den Stadtentdeckern benannten Orte genauer anzuschauen und vielleicht sogar gestalterisch aktiv zu werden.
Christian Keller, projektbegleitender Architekt der Stadtentdecker
Klasse 4b der Erich- Kästner- Grundschule Cottbus
Als sich im Frühjahr erstmals die Kinder der nahen Grundschule und der Architekt im großväterlichen Alter zu einem einführenden Altstadtrundgang gegenüber standen, war beiden Seiten nicht bewusst, was die folgenden Monate Neues bringen würden.
Da standen viele unterschiedliche Kinder vor einem, der Wissbegierige, die Kindliche, die „kaum“ zu Bremsenden, die spontan Begeisterten, die schnell Entmutigten und die, die noch nicht ganz die deutsche, geschweige denn die Baufachsprache, verstanden. Alle aber verbindet die Neugier auf Neues, das was das „Stadtentdeckerprojekt“ ausstrahlt und aufgreift.
Und doch geht es auch um Schule, nämlich die „Schule des Lebens“, dabei begleiten Architekten die Kinder. Zunächst ging es um die Geschichte vergangener Zeiten: Mittelalter in Cottbus, immer wieder faszinierend und vielen durch Filme und aus Märchen bekannt. Nunmehr wurde es aber konkreter, an den Backsteinen der Stadtmauer und der Oberkirche sichtbar. Schon war der Eifer entfacht und das Projekt konnte beginnen. Alles was Bücher, Prospekte und Fotos der Vergangenheit hergaben, wurde aufgespürt und in eigenen Dokumentationen dargestellt. Es entstanden Leserollen, Plakate, Postkarten, ein Quiz und natürlich Modelle von dem, was erforscht und mit eigenen Augen, wohl erst jetzt, bewusst gesehen worden war.
Schreiber-, Zeichner- und Malertalente gaben Entdecktes auf schon bekannte Weise wieder. Beim Modellbau, bisher weniger praktiziert, zeigte sich, dass besonders am Ergebnis sichtbar wird, an welchen Stellen noch das genaue Hinsehen geübt werden muss. Beim Berechnen des nachbaubaren Maßstabs erkannten alle, dass geübtes Rechnen hier von Vorteil ist, damit nicht viel Zeit für Vorarbeiten vergeht. Die Materialunerfahrenen staunten umso mehr, als sie bemerkten, was mit handwerklichem Geschick unter Anleitung sowie einem Paket an einfachen Materialien und Techniken entsteht, wenn man zuerst genau hinsieht, das Gesehene verkleinert und dann mit wachsendem Erfolg nachbildet.
So waren dann die Modelle von Schlossberg und Münz-Turm wohl das wichtigste Ergebnis der Beschäftigung mit ‚dem Alten‘ in der Stadt. Weiteren Ansporn erlebten die Kinder auch bei der Erfahrung, dass durch genaueres Hinsehen so Einiges zu entdecken ist, wovon vor allem die Eltern noch nichts wussten.
Jetzt gehen wieder mehr junge „Stadtentdecker“ durch Cottbus, die so einiges über ihre Stadt erfahren konnten und dadurch manchen Erwachsenen verblüffen werden. Nach diesen intensiven „Kennen-Lernwochen“ besteht die begründete Hoffnung, dass sich die Kinder, nicht nur fasziniert vom Mittelalter mit den Rittern und Burgfrauen identifizieren können, sondern auch viel bewusster bauliche Zeugnisse der Vergangenheit wahrnehmen. Dazu zählt letztlich auch die Erkenntnis, dass etwas Großes zu bauen ganz schön Mühe und Zeit kostet.
Dr. Harald Kühne, projektbegleitender Architekt
Beitrag in: Deutsches Architektenblatt 08/2016