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Architektur und Schule

Brandenburger Architekt(inn)en bieten Unterstützung an

Brandenburgische Architektenkammer

Die Stadtentdecker unterwegs im Stadtpark Neuruppin 2016

Stadtentdecker in Neuruppin
Die Stadtentdecker waren wieder unterwegs! Bereits zum siebten Mal hatten Schülerinnen und Schüler in  Neuruppin die Gelegenheit, mit Unterstützung einer/s  betreuenden Architektin/en ihre Stadt zu erkunden. Im Herbst 2016 wurden 29 Schüler der Klasse 6a der Grundschule Wilhelm- Gentz mit ihrer Klassenlehrerin Elke Neumann von Architektin Martina Nadansky betreut.

Diesmal wurde auch zum Projekt, das auf dem Herbstfest der Schule mit eingebunden war, ein Film erstellt. Diesen können Sie hier ansehen:

https://youtu.be/XrnE8wAHtZ8

 

Die Stadtentdecker im Stadtpark Neuruppin - Ein Projektbericht

Jedes Jahr im Herbst gibt es an der Naturparkschule Wilhelm- Gentz-Grundschule in Neuruppin ein großes Ereignis: das HERBSTFEST im Stadtpark Neuruppin. Die jeweils 6. Klasse der Schule verabschiedet sich damit auf ganz besondere Weise von ihrer Grundschule vor dem Wechsel in die weiterführenden Schulen. Dabei erarbeiten die Schüler/innen „Stationen“ mit verschiedenen Angeboten zum Spielen, mit Naturrätseln oder Schätzfragen. Die gesamte Grundschule nimmt dann an einem Vormittag an diesem Stationenparcours teil, eingeladen ist auch die benachbarte Förderschule „Am Kastaniensteg“ für geistig Behinderte. Im Herbst 2016 haben wir diesen bestehenden Rahmen verknüpft mit der Struktur des Projektes Die Stadtentdecker. Diesmal sollten die 29 Schüler/innen der Klasse 6A Stationen vorbereiten, die ihre Stadt Neuruppin und insbesondere den Stadtpark als einen markanten Ort in der Stadt vorstellen und den Schüler/innen der 1.-5 Klasse vermitteln/ nahebringen.

Phase 1  Projektvorbereitung im Unterricht
Zur Projekteinführung und Vorbereitung des Themas Park  hat die begleitende Architektin Martina Nadansky im Unterricht verschiedene bekannte, teilweise weltberühmte Parks und Gärten (Park Güell/ Barcelona, Central Park/ New York City, Englischer Garten/ München, Documenta/ Kassel,...)  vorgestellt und verschiedene Arbeitsaufgaben vorbereitet, die die Kinder zur Recherche und Entwicklung eigener Ideen anregten. Aus der Beschäftigung mit diesen  Projekten, insbesondere auch inspiriert durch Christos + Jeanne Claudes Projekt „The Gates“ im Central Park in New York City von 2005, ist die Idee entstanden, mit auffälligen Rahmen zu arbeiten, um Ideen und Objekte betont zeigen zu können, oder um Raumobjekte zu bauen. 29 ROTE RAHMEN für 29 Kinder, aus Holz in 2 verschiedenen handlichen Größen wurden dann von einem Vater der Klasse gebaut und zur Verfügung gestellt.

Phase 2  Stadtspaziergänge
Parallel zum Unterricht haben wir 3 Stadtspaziergänge mit sachkundiger Führung organisiert: im  Tempelgarten Neuruppin, im Schlosspark Rheinsberg und natürlich ganz ausführlich im Stadtpark Neuruppin. Das Gartendenkmal Stadtpark wurde ab 1835 auf Initiative des Oberst A. von Wulffen unter Mitwirkung von Peter Josef Lenné als Volkspark gestaltet. Aktuell wird der Stadtpark, der nördlich des Stadtzentrums direkt am Ruppiner See neben der Badeanstalt liegt, nur wenig von der Bevölkerung genutzt. Der „Verschönerungsverein“ bemüht sich, die grundsätzliche Anlage des Parks mit Blickachsen, Goldfischteich, Denkmalen und Pavillon freizulegen und sichtbar zu machen.  
Details und Informationen aus diesen Kontakten wurden im Projekt immer wieder eingebracht. Was ist der Unterschied zwischen Park und Garten? Welche Bedeutung haben Architekturobjekte innerhalb eines Parks? Welche Rolle spielen Blickachsen? Alle Elemente haben den Kindern bei der Themenfindung zu ihren Stationen im Stadtpark geholfen.

Phase 3  Projektwoche + Herbstfest
In der Projektwoche wurden dann die eigentlichen Stationen erarbeitet- wegen der großen Schülerzahl gab es 8 Gruppen, die sich selbständig zusammengefunden haben. Die Themenfindung war zunächst nicht ganz einfach – denn neben dem eigentlichen Inhalt mussten ja noch ganz andere  Aspekte berücksichtigt werden:
-    die Stationsidee sollte (zu Fuß) transportabel und auch einigermaßen wetterfest sein,
-    die Stationsidee musste für alle Altersgruppen aus der 1.-5. Klasse verständlich sein,
-    der Standort der Station im Stadtpark sollte einen Bezug zum gewähltem Thema haben,
-    die ROTEN RAHMEN sollte eine Rolle spielen.
Die ROTEN RAHMEN sind eine starke Idee im Umgang mit einem Raumobjekt mitten im naturgrünen Park- er konnte genutzt werden als  Motiv für einzelne Stationen, als Bilderrahmen, als architektonisches Bauelement oder sogar im Einsatz mit dem eigenen Körper. Das wurde von den Kindern zwar als „cool“ empfunden, dennoch gab es zunächst eine gewisse Distanz beim  Umgang mit den quadratischen, kantigen Objekten. Die Körperübungen in der Projektwoche haben geholfen, diese Distanz abzubauen. Während der Projektwoche haben wir immer wieder die Elemente des bereits Erlebten ins Bewusstsein gebracht- die Stadtspaziergänge, die Parkbeispiele-, Projektideen in der Gruppe vorgestellt und diskutiert und schließlich mussten mit einer weiteren Erkundungstour die Stationsorte im Stadtpark gefunden und festgelegt werden.

Herbstfest am 13. Oktober 2016
Die 8 Stationen im Stadtpark wurden am 13. Oktober bei windigen plus 9 Grad von 9-12 h von mehr als 100 Kindern der 1.-5. Klasse besucht.

Die 3 Stationen rund um den Goldfischteich:
Stadtpark 2020
Wie stellt Ihr Euch den Stadtpark im Jahr 2020 vor? Vorgeschlagen waren: Kletterpark, Skateranlage,  Kiosk, Bootsanleger und freie Ideen. Die Kinder sollten ihre gewünschten Funktionen zeichnen (1.+2. KJasse) oder ein kleines Modell bauen (3.-5. Klasse) und dann in den dafür vorgesehenen ROTEN RAHMEN legen oder an eine zwischen Bäumen gespannte Wäscheleine hängen. Den 1. Platz hat der Kletterpark belegt, der, wie uns der Baudezernent später bei der Präsentation berichtete, tatsächlich im benachbarten Waldstück an der Badeanstalt konzipiert ist- Volltreffer!

10 Goldfische
10 Goldfische wurden einst in den Teich eingesetzt- 10 Goldfische könnt ihr jetzt hier angeln! Wer ist am schnellsten? Die ROTEN RAHMEN sind hier zu einem Aquarium zusammengebaut- praktisch!

Zeichnen in 2 Minuten
Ihr blickt 1 Minute durch einen ROTEN RAHMEN, der euch hingehalten wird und zeichnet dann in 2 Minuten, was ihr durch den Rahmen hindurch gesehen habt. Die Konzentration auf einen kleinen Ausschnitt des Parks, z.B. auf einen Baum, ein Stück Zaun oder einen Teil des Teichs  führt zu einer bewußten Wahrnehmung einzelner Details und perspektivische Sichtweisen im Raum. Das ist spannend!

Die 4 Stationen an den Parkwegen:
Park + Garten
Was ist der Unterschied zwischen Park und Garten? Die Kinder sollen die Gegenstände den beiden ROTEN RAHMEN zuordnen. Zur Auswahl stehen: Seerose, Bierflasche, Frisbeescheibe, weiße Lilie, Sonnenbrille, Spielzeugauto, 2 Eicheln, Grashalme, Apfel, Stock, Gartenschuh. Ganz schön schwer!

Scherz- und Schätzfragen zur Natur
Schätzt doch mal, wieviele Kastanien in diesem Glas sind! Was haben Buch und Baum gemeinsam?  
Die Scherzfragen und Rätsel bewegen sich rund um Bäume, Park und Natur. Dabei kann man etwas lernen!

Neuruppin erkennen
Auf diesen Fotos findet ihr Motive aus Neuruppin und welche aus anderen Orten. Stellt euch mit eurem Fotomotiv an den richtigen ROTEN RAHMEN. Es ist verblüffend, wie oft man danebenliegt- auch, wenn man in Neuruppin wohnt!

Stadträtsel
Findet die versteckten Wörter mit Bezug zu Neuruppin im Labyrinth. Beispiel: T-E-M-P-E-L-G-A-R-T-E-N. Die 1.+2. KJasse bekommt Hilfe, die 3.-5. Klasse sollte es allein schaffen. Die Rücken mussten als Schreibunterlage dienen, ein ROTER RAHMEN war selbst als Rätsel gestaltet. Sehr rätselhaft!

Die Station am Seeufer:
Maskenspiel
Wie fühlten sich wohl die Neuruppiner Bürger um 1834, als sie durch den neu angelegten Park lustwandelten? Mit einfachen Verkleidungsstücken - Hüten, Schnurrbärten, Brillen und Masken – wird die Situation von unseren Neuruppiner Kindern nachgespielt und fotografiert. Durch einen ROTEN RAHMEN hindurch natürlich! Das hat allen einen Riesenspaß gemacht!

Phase 4 Präsentation
Die Präsentation des gesamten Projektes  Die Stadtentdecker fand einen Monat später wieder ganz offiziell im Ratssaal statt- mit Beteiligten der Stadt, der Architektenkammer, des Ministeriums, und natürlich mit Familie und Freunden der Kinder. Das Herbstfest war mit seinen Stationen bereits eine ganz einmalige Open-Air-Präsentation und wir wollten die Atmosphäre auch im Ratssaal und später anderswo vermitteln. Daher hatten wir einen Kameraexperten im Team, der uns während der Projektwoche und beim Herbstfest begleitet hat- diesen Film konnten wir als Filmpremiere während der Präsentation zeigen. Die 8 Stationen haben wir als „Markt“ aufgebaut und die Gäste gebeten, mit uns zu spielen, zu rätseln und Neuruppin und seinen Stadtpark gemeinsam zu erleben und neu wahrzunehmen. Das Stadtentdecker-Gespräch hat zum Abschluss die große Begeisterung der Kinder auch verbal bestätigt.

Fazit
Mit dem Projekt Stadtpark Neuruppin haben wir ein bestehendes Schulevent – das alljährliche Herbstfest- neu kombiniert mit der inhaltlichen und organisatorischen Grundstruktur des Projektes Die Stadtentdecker. Der gesamte Ablauf wurde dadurch sehr komplex, und auch die Abschlussveranstaltung musste entsprechend das Thema und seine Methoden anders präsentieren.
Inhaltlich bot der Stadtpark als Teil Neuruppins sehr viel Inspiration- er hat eine interessante, für Neuruppin typische Entstehungsgeschichte und liegt sehr reizvoll direkt am See. Dennoch schlummert er im Dornröschenschlaf- wir haben ihn an diesem kalten Vormittag im Oktober wachgeküsst!
    
Projektteam
Lehrerin: Elke Neumann
projektbegleitende Architektin: Martina Nadansky
Videograf: Marko Petruschke
Rote Rahmen: Malte Neumann

Film: https://youtu.be/XrnE8wAHtZ8

Martina Nadansky, projektbegleitende Architektin

Beitrag in: Deutsches Architektenblatt 02/2017