Ans Wasser! Potsdamer Stadtentdecker bearbeiten Ufer, Brücken und Brunnen
„Ich habe Orte gesehen, an denen ich vorher nie war – und das mitten in Potsdam.“ Jeremias scheint zum Abschluss des Stadtentdecker-Projektes noch immer erstaunt, wie viel Neues es beim Stadtspaziergang zu Schuljahresbeginn in seiner gewohnten Umgebung zu entdecken gab. Der Elftklässler ist einer von 24 Schülerinnen und Schülern des Potsdamer Helmholtz-Gymnasiums, die von Februar bis Juli mit ihrer Kunstlehrerin Sabine Brehme und dem Architekten Peter Neideck als Stadtentdecker aktiv waren.
Wunsch der Helmholtz-Schüler war es, sich mit dem für Potsdam charakteristischen Thema Wasser zu befassen. So begann der Stadtspaziergang am alten Wasserturm beim Hauptbahnhof und führte Havelauf- und abwärts bis zum Lustgarten. Überraschend für Jeremias und seine Mitschüler waren etwa die Nuthemündung direkt hinter dem Bahnhof, der Havelfischer, der sich hinter der Stadtmauer an der Großen Fischerstraße verbirgt, aber auch der Hinzenberg, der nur wenige Schritte vom Landtag entfernt, einen tollen Ausblick auf den Templiner See bietet.
Neue Perspektiven auf die eigene Stadt zu gewinnen, ist eines der Ziele der Stadtentdecker. Die Begegnung mit der Sichtweise eines Architekten schärft die Sinne der Schülerinnen und Schüler. Ihre Arbeitsthemen fanden die Helmholtz-Schüler deshalb wie von selbst. Laura und Francesca vermissten einen attraktiven Uferbereich beim Wohngebiet Humboldtring. Friedrich und Jonathan schlugen eine Fußgängerbrücke über die Neue Fahrt vor. Gleich mehrere Gruppen entwickelten Konzepte für die Umgestaltung des, bisher von Kleingärtnern genutzten Hinzenbergs zum modernen Park mit Seecafé, Spa oder Skaterbahn. Wie eine Perlenkette zeichneten die insgesamt 10 Entwürfe die Route des Stadtspaziergangs nach und machten deutlich, dass das Angebot an Freiräumen besonders für junge Menschen in der Landeshauptstadt verbesserungswürdig ist.
Anhand detaillierter Modelle entwarfen die Jugendlichen ihre Visionen zur Aufwertung Potsdams. Mit Karton, Schaumstoff, Holz und Draht setzten sie ihre Ideen um und fanden phantasievolle Lösungen - auch dafür, dass Wasser nicht immer plakativ blau sein muss.
Nach der räumlichen Darstellung der Entwürfe galt es, deren Präsentation vorzubereiten. Der Schulhof wurde zum Fotostudio, um die Modelle bei natürlicher Sonne und aus verschiedensten Blickwinkeln abzulichten. In Gegenüberstellung der Modellfotos mit denen des Istzustandes vor Ort, entwickelten die Schülerinnen und Schüler ihre Präsentationen und lernten, dass auch das Medium Power-Point-Folie gut gestaltet sein muss, um die eigenen Ideen überzeugend zu vermitteln.
Die Präsentation in den Räumen der Architektenkammer, gekonnt eingeführt durch die Schüler selbst, zeigte folglich Wirkung. Als professionell bezeichnete sie die Vizepräsidentin der Kammer, Katja Melan, im anschließenden Stadtentdeckergespräch, und auch die Rektorin des Helmholtz-Gymnasiums, Grit Steinbuch, zeigte sich tief beeindruckt. Nur schade, dass kein Vertreter der Landeshauptstadt mitbekam, welche weitreichenden Vorschläge die junge Generation für die Zukunft Potsdams entwickelt hat.
Peter Neideck, projektbegleitender Architekt
Beitrag in: Deutsches Architektenblatt 09/2017